Gerüft

Gerüft
Gerüft (auch: Gerücht) ist der Klage Anfang. Eisenhart, 584; Pistor., IX, 68; Hillebrand, 233, 342; Simrock, 3454; Eiselein, 228; Graf, 441, 322.
Das Sprichwort hat jetzt seine Anwendung verloren. Unter Gerüft oder Gerücht verstand man im Mittelalter den Nothruf eines Menschen, dem Gewalt geschah, das sogenannte Zetergeschrei, das: o Weh, o Wappen, oder ähnlich lautete. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 633 u. 876; Zöpfl, Deutsche Rechtsgeschichte, 3. Aufl., S. 953.) Jeder Erwachsene, der dies Geschrei hörte, sollte zur Hülfe herbeieilen. Die eigentliche Anklage eines Verbrechers, der unter diesem Geschrei ergriffen oder verfolgt worden war, musste ebenfalls durch Gerüft (Gerücht) beginnen. Daraus folgt, dass nicht jede peinliche Klage mit Geschrei anfangen musste. Das Sächsische Landrecht (II, 64, 5) bezeichnet die Fälle, in denen es wegbleibt. Die jetzige Anklage hat damit nichts zu thun. Die Quelle des Sprichworts ist wol im Sachsenspiegel. Ueber Gerüft, Gerücht, Anrüchigkeit vgl. Grimm, Wb., I, 430. Ursprünglich bedeutet klagen (althochdeutsch chlagon) soviel wie schreien, jammern. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 854.)
Mhd.: Dat gerüchte is der klage beginn. (Homeyer, Sachsenspiegel, I, 62, 1; Ortloff, IV, 31, 5.)

Deutsches Sprichwörter-Lexikon . 2015.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gerücht, das — Das Gerücht, des es, plur. die e. 1) Eine entfernte Nachricht von einer Neuigkeit, besonders wenn sie unter vielen mündlich fortgepflanzet wird. Es gehet ein Gerücht, daß das Türkische Heer geschlagen worden. Ein Gerücht ausbreiten, verbreiten,… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Sebaldus, S. (1) — 1S. Sebaldus. Erem. Conf. (19. Aug.) Ueber das Leben und Wirken des hl. Sebaldus von Nürnberg hat man nur wenige verbürgte Nachrichten. Aber das dankbare Andenken an seine gesegnete Wirksamkeit als »Apostel« der Nürnberger hat um ihn einen… …   Vollständiges Heiligen-Lexikon

  • Waschbank — Waschbank, 1) ein einem Flosse ähnliches Geruft, welches an dem Flusse eines Ufers errichtet, auch wohl mit einem leichten Dache bedeckt ist, damit Färber, Gerber u. andre Handwerker daselbst ihre Waaren bequem ausspülen; die Wäscherinnen ihre… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Rufen — Rufen, verb. irreg. ich rufe, du rufst, er ruft; Imperf. ich rief; Mittelw. gerufen; Imperat. rufe. Es ist in doppelter Gestalt üblich. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, eine laute Stimme von sich hören lassen, wo doch rufen keine so… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Handhaftverfahren — Das Handhaftverfahren war eine Verfahrensart des mittelalterlichen Strafverfahrens, die insbesondere im Sachsenspiegel zum Ausdruck kam. Im Gegensatz zum ordentlichen Verfahren, in dem die Täterschaft des vermeintlichen Täters für eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Geruch — Geruchm 1.ortsfremderGeruch=Gasgefahr.BSD1965ff. 2.jninüblenGeruchbringen=jninschlechtenRufbringen.»Geruch«wirdschonim16.Jh.mit»Gerücht«verwechselt.»Gerücht=Gerüft«(=Ruf)meintdenLeumund,dasUrteilderÖffentlichkeit.Wahrscheinlichauchzusammenhängendm… …   Wörterbuch der deutschen Umgangssprache

  • berüchtigt — AdjPP std. (16. Jh.) Stammwort. Ursprünglich Partizip zu dem heute untergegangenen berüchtigen ins Gerede bringen , erweitert aus älterem berüchten, das aus mndd. beruchten, berochten entlehnt wurde (bzw. gebildet aus mndd. rüchtig ruchbar ). Es… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Gerücht — 1. Das erste Gerücht überwindet man nicht. Böhm.: Chceš míti dobrou povĕst ? O první pečuj. (Čelakovský, 105.) Poln.: Chcesz mieć dobrą sławę? o pierwszą się staraj. (Čelakovský, 105.) 2. Das Gerücht geht voraus, ehe man verlässt das Haus. Böhm …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Geschrei — 1. Auf das gemeine Geschrei ist nicht allzeit zu sehen. 2. Bey grossem geschrey ist wenig klugheit. – Henisch, 1545, 66; Petri, II, 43. 3. Böss geschrey laufft schnell. – Henisch, 1545, 59. 4. Das gemein geschrey gehet selten leer. – Henisch,… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”